Verhext und zugenäht

Ich habe auf dieses Buch Lust gehabt, weil mir das Umschlagsbild suggerierte, dass hier eine freche, leichte Unterhaltung mit Handlungsort New York drinsteckt, die man schläfrig liest, zufrieden weglegt und schnell vergisst. Vergessen werde ich das Buch auf jeden Fall, aber zufrieden weggelegt habe ich es nicht.

Es geht um eine Frau Anfang 30: die »Hexe« Emma Hutch wird mit ihren roten Haaren und orangefarbenen Augen als super sexy (aber dann doch nicht so super super sexy wie die blonden Antagonistinnen) beschrieben, die mittels Behrührung einzelne Bilder in die Gehirne anderer zu übertragen vermag und auf dieser Grundlage eine Geschäftidee verwirklicht hat: unschuldigen Männern die Bilder von Frauen in Reizwäsche einimpfen, Frauen, die für diesen Dienst bezahlen und sich so die ungeteilte Zuneigung des Opfers erhoffen.

Das geht so lange gut, bis sich Emma in das Ziel einer ihrer Kundinnen verliebt: der reiche, intelligente, attraktive William. Und das ausgererchnet, als sie nach einer Investition Geld verloren hat, ihre Bank Druck macht und die (berechnende, aber super super sexy blonde) Kundin mehr als üblich zu zahlen bereit ist. Dazu kommt, dass der besagte Mann auch noch mit einer anderen Blondine liiert ist: ein Model, das stereotyp als zickig und dumm charakterisiert wird (und natürlich dabei super super sexy ist).

Natürlich werden sowohl die berechnende Blonde (die den Mann aus beruflichen Vorteilen verführen will) als auch die dumme Blonde das Nachsehen haben und der perfekte William wird sich seiner wahren Liebe, der Hexe Emma Hutch zuwenden - ganz ohne Hexerei. Das war alles zu erwarten, nun kommt es nur noch darauf an, wie das umgesetzt wird. Leider nicht gut: sämtliche Figuren sind stereotyp, alles findet sich auf unrealistisch reibungslose Weise zusammen, die ganze Geschichte ist oberflächlich und geistlos, der Stil einfach plump. Man hangelt sich im Grunde von einer sexuell inspirierten Szene zur nächsten, denn darum dreht sich alles: Emma glaubt unter »Anorgasmie« zu leiden. Wer kann sie davon heilen?

Recht vorhersehbar, zumindest was den Ausgang angeht, sind Liebesgeschichten eigentlich immer. Es geht darum, den beschwerlichen Weg von Mr. und Mrs. Right nachzuvollziehen, bis die beiden ins verdiente Happily Ever After entlassen werden. Das fügt sich bei Verhext und Zugenäht so zusammen: zäh gedehnt und dabei heillos absehbar, so dass ich die Seiten nur noch ungeduldig überflogen habe, bis zum Höhepunkt (Emma erhält das Geld ihrer Investion zurück, bringt die verantwortlichen Bösewichte hinter Gitter und bekommt einen multiplen Orgasmus) und von dort aus direkt in den Epilog. Wo man noch einiges hätte gut machen können, stieß ich auf den definitiven Tiefpunkt - der zugleich ein sehr charakteristischer Moment des Buchs ist:

[William ] holte tief Luft und sagte [...]: »Emma kann jetzt Botschaften senden ohne jemanden berühren zu müssen. [...] Und sie hat sich als hochbegabte Studentin der erotischen Künste erwiesen.« [... ] »Sie ist wirklich unheimlich talentiert«, fuhr William fort, »ganz besonders bei einer speziellen Technik, Ich nenne sie "Der große Schluck".

Na, das ist genau meine Vorstellung von Romantik. Wobei - um Romantik geht es hier ja gar nicht. Mein Fehler.