Wie durch ein dunkles Glas

Diesmal untersucht Commissario Guido Brunetti einen Mord auf Murano, der Glasbläser-Insel nordöstlich von Venedig. Wurde ein Arbeiter in einem Glasbläserofen verbrannt, nur weil er Umweltaktivist war? Oder handelt es sich doch um eine Familienfehde zwischen dem Eigentümer der Fabrik und seinem »grünen« Schwiegersohn? Bei seinen Ermittlungen stößt Brunetti auch auf eine Ausgabe von Dantes' Göttliche Komödie, die bei der Aufklärung des Falls eine Rolle spielt ...

Ich bin kein klassischer Donna-Leon-Leser. Also war ich - in Erwartung eines atmosphärischen Krimis, wie er mir beschrieben wurde - beim Lesen des Buchs etwas irritiert. Ich dachte es liegt vielleicht daran, dass ich mich nicht in der Commissario-Brunetti-Welt auskenne, dass ich alle vorherigen Bände hätte lesen müssen, um auch diesen hier zu schätzen zu wissen. Ich plane das nachzuholen, was aberwohl eine gewisse Zeit dauert. Drum habe ich den fünfzehnten Fall jemandem zu lesen gegeben, der alle Brunetti-Bücher von eins bis 14 (mit Begeisterung) gelesen hat. Hier das Fazit :

Im Vergleich zu den vorherigen Krimis, die vom ersten Moment an fesselten, sind hier die ersten 150 Seiten völlig belanglos. Zu viel Privates und Familiäres, das überhaupt nichts mit der Aufklärung des Falles zu tun hat. Überhaupt ist das Buch gar nicht wie sonst so aufgebaut, dass es mit zunehmender Spannung zur Lösung führt. Als habe Donna Leon ein Buch geschrieben, nur des Buchschreibens wegen - was als Resultat flach und hingeschludert wirkt. Wo sonst Freude am Lesen aufkam, wurde es hier regelrecht mühsam. Mit Sicherheit Commissari Brunettis schwächster Fall. Ein philisophisches, moralisches Buch - zumindest sind Leons feiner Humor und die lebendigen Beschreibungen nicht auch noch verloren gegangen.

Es bleibt: alle die Donna Leons Brunetti-Bücher schätzen, weil sie »kinsternde Spannung mit venezianischer Lebensart verknüpfen«, bleibt die Hoffnung, dass der kommende sechzehnte Fall zu alter Stärke zurückfindet.